Vollmachtloser Vertreter
Grundsätzlich gilt:
Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Teil zum Widerruf berechtigt, es sei denn, dass er den Mangel der Vertretungsmacht bei dem Abschluss des Vertrags gekannt hat. Der Widerruf kann auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden.
Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert. Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrags hat. Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, dass er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.
Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.
Im Rahmen notarieller Beurkundungen kommt eine vollmachtlose Vertretung sehr oft vor. Sie ist sogar oft das bevorzugte Mittel, wenn eine Partei nicht persönlich zur notariellen Beurkundung erscheinen kann. Der Vorteil gegenüber der Beurkundung mittels Vollmacht ist, dass
- die Vollmachtserteilung oft mit Zeitverlusten verbunden ist,
- bei Vollmachtserteilung vor Beurkundung sichergestellt sein muss, dass die Vollmacht auch tatsächlich das zu notariell zu beurkundende Geschäft in allen Einzelheiten erfasst und die richtige Form aufweist (während bei der Nachgenehmigung die Inhalte der zu genehmigenden Urkunde feststehen),
- eine Vollmachtserteilung vor dem Beurkundungstermin teurer sein kann, als eine Nachgenehmigung des vom vollmachtlosen Vertreter beurkundeten Rechtsgeschäfts.
Die Nachteile und Risiken der vollmachtlosen Vertretung für den als vollmachtloser Vertreter Auftretenden werden in diesen Fällen dadurch vermieden, dass die vollmachtlose Vertretung in der Urkunde ausdrücklich offengelegt wird.
Die Nachgenehmigung des aufgrund vollmachtloser Vertretung beurkundeten Rechtsgeschäfts bedarf in aller Regel nur der öffentlichen/notariellen Beglaubigung und muss nicht zwingend vor dem beurkundenden Notar abgegeben werden. Hierin mag einerseits eine Erleichterung liegen; das Vorstehende bedeutet aber auch ein Risiko. Die Ziele des Beurkundungsverfahrens / die Funktionen einer Beurkundung (sieh hierzu dort) werden mit Blick auf die vollmachtlos vertretene Partei unter Umständen gefährdet. Deshalb ist es dem Notar verboten, sich systematisch der vollmachtlosen Vertretung zu bedienen. Der Notar hat von diesem Instrument nur zurückhaltend Gebrauch zu machen, namentlich dann, wenn dies durch besondere Umstände geboten erscheint und der Zweck des Beurkundungsverfahrens auf andere Weise gewahrt werden kann. Dies gilt insbesondere bei Verbraucherverträgen. Hier hat der Notar darauf hinzuwirken, dass der vertragsbeteiligte Verbraucher seine Erklärungen nur persönlich oder durch eine Vertrauensperson abgibt.