Der Akteneinsichtsausschuss

Als neben dem Baurecht und dem Immobilienrecht (inklusive Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht) allen voran auf das Verwaltungsrecht mit dem Teilrechtsgebiet Kommunalrecht spezialisierte Kanzlei, werden immer wieder aus Kreisen der Kommunalpolitik (d.h. von Fraktionen, einzelnen Stadtverordneten bzw. Gemeindevertretern, einzelnen Mitgliedern des Magistrats bzw. des Gemeindevorstands, einzelnen Kreistagsabgeordneten, Bürgermeistern und Landräten) Fragen zum Thema „Akteneinsichtsausschuss“ an die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Lankau, Dr. Weitz & Collegen adressiert. Dieses kommunale Kontrollinstrument hat in den vergangenen Jahren unter anderem im Odenwaldkreis, in Darmstadt, in Rüsselsheim, in Pfungstadt, in Heppenheim, in Reichelsheim, in Bischofsheim, in Griesheim, in Babenhausen, in Beerfelden, in Bad König, in Groß-Zimmern und in Münster die kommunalen Gremien beschäftigt. Anlass genug, die Rahmenbedingungen eines Akteneinsichtsausschusses aus Sicht einer Gemeinde kurz darzustellen. In Städten und auf Kreisebene gilt letztlich Entsprechendes. Im jeweiligen Einzelfall – wie auch in allen anderen Fällen des Kommunalrechts und des sonstigen Verwaltungsrechts – stehen die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Verwaltungsrecht gerne für eine weitergehende Beratung und Vertretung zur Verfügung.

  1. Anforderungen an einen Antrag auf Einsetzung eines Akteneinsichtsausschusses

    1. Antragsbefugnis
      Ein Akteneinsichtsausschuss ist zu bilden oder zu bestimmen, wenn es ein Viertel der Gemeindevertreter oder eine Fraktion verlangt.

    2. Anforderungen an die Bestimmtheit eines Antrages auf Einsetzung eines Akteneinsichtsausschusses
      Ein Akteneinsichtsausschuss darf nur in bestimmten Angelegenheiten tätig werden. Dazu muss die Angelegenheit hinreichend abgrenzbar und konkret bezeichnet werden.

      Für die Tätigkeit eines Akteneinsichtsausschusses bedarf es eines klar formulierten Untersuchungszwecks, aus dem sich die Erforderlichkeit der Einsichtnahme ergibt.

  2. Fragen zur Ausschussbildung nach Antragstellung

    1. (Neu-)Bildung oder Beauftragung eines Akteneinsichtsausschusses
      Ein Akteneinsichtsausschuss muss nicht neu gebildet werden. Es ist zulässig, einen bestehenden Ausschuss zu betrauen. Die Gemeindevertretung kann entscheiden, ob sie eigens einen Akteneinsichtsausschuss bildet oder einen bestehenden Ausschuss mit der Akteneinsicht “beauftragt”.

    2. Ausschussbesetzung
      Wird eine Akteneinsichtsausschuss gebildet, hat sich dieser – wie andere Ausschüsse auch – nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zusammenzusetzen (§ 62 Abs. 2 Satz 1 HGO). Die Fraktionen benennen in diesem Fall die Ausschussmitglieder (§ 62 Abs. 2 Satz 2 HGO). Auch können sie Ausschussmitglieder abberufen (§ 62 Abs. 2 Satz 4 HGO). Fraktionen ohne Sitz in einem bestimmten Ausschuss können für diesen Ausschuss einen Gemeindevertreter mit beratender Stimme entsenden (§ 62 Abs. 4 Satz 2 HGO).

  3. Berechtigung zur Ausübung des Akteneinsichtsrechts nach Antragstellung

    1. Grundsatz:
      Das Akteneinsichtsrecht steht nicht den einzelnen Gemeindevertretern/Stadtverordneten oder Fraktionen zu. Berechtigt ist ausschließlich der Ausschuss. Das Recht zur Einsicht in die Akten der Gemeindeverwaltung/des Magistrats durch einen von der Gemeindevertretung/Stadtverordnetenversammlung gebildeten oder bestimmten Ausschuss (§ 50 Abs. 2 Satz 2 HGO), ist ausschließlich der Gemeindevertretung/Stadtverordnetenversammlung als ganzer (vertreten durch die Ausschussmitglieder) vorbehalten und kann nicht von den Fraktionen oder gar eines einzelnen Mitglieds des Vertretungsorgans wahrgenommen werden.

    2. Sonstiges:
      Gemeindevertreter haben im Rahmen der Arbeit eines Akteneinsichtsausschusses kein Akteneinsichtsrecht, wenn bei einer unterstellten Beschlussfassung in der Sache über den zu prüfenden Gegenstand der entsprechende Gemeindevertreter befangen wäre.

  4. Umfang des Akteneinsichtsrechts

    1. Grundsatz
      Das Einsichtsrecht ist umfassend. Der Kontrolle der Gemeindevertretung unterliegt der gesamte Bereich der Gemeindeverwaltung einschließlich der gemeindlichen Personalgelegenheiten. Grundsätzlich sind dabei sämtliche bei der Verwaltung geführten einschlägigen Akten sind vorzulegen.

    2. Einsicht in personenbezogene Daten (Datenschutz)
      Dem Akteneinsichtsausschuss gegenüber können auch personenbezogene Daten offenbart werden.

    3. Einsichtnahme in Angelegenheiten über den eigenen Wirkungskreis hinaus?
      Der Akteneinsichtsanspruch besteht für alle Angelegenheiten der Gemeinde, also für die Angelegenheiten sowohl des eigenen als auch des übertragenen Wirkungskreises. Der Akteneinsichtsanspruch erstreckt sich (mit einigen Einschränkungen) insbesondere auch auf Angelegenheiten der Gemeinde, für deren Wahrnehmung sich diese einer GmbH bedient.

    4. Sonstiges
      Die Akteneinsicht bezieht sich nur auf die in der Gemeindeverwaltung geführten Akten, nicht dagegen auf die anderer Behörden oder Organe.

       In Rechtsprechung und Literatur umstritten ist die Frage, ob eine Akteneinsicht auch in noch nicht abgeschlossene Verwaltungsvorgänge zulässig ist.

  5. Organisatorische Fragestellungen
    Die Akteneinsicht ist nur in „Amtsräumen des Gemeindevorstands“ (z.B. Verwaltungsräume im Rathaus) zulässig. Eine Mitnahme von Akten ist nicht gestattet. Der Ausschuss tagt (mit einigen Ausnahmen) öffentlich.