Bedürftigentestament
Der Begriff „Bedürftigentestament“ bezeichnet eine besondere Testamentsgestaltung zugunsten von Personen, die in aller Regel Sozialleistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) beziehen. Sie soll durch die Nutzung der erbrechtlichen Gestaltungsmittel der Vor– und Nacherbschaft (oder des Vor- und Nachvermächtnis) und der Testamentsvollstreckung die Lebenssituation des bedürftigen Erben verbessern, gleichzeitig aber das ererbte Vermögen vor dem Zugriff des Staates schützen bzw. die staatlichen Hilfeleistungen auch zukünftig – trotz Erbschaft – sichern. Dabei muss das Bedürftigentestament im Auge haben, die Belastungen durch die Vorerbschaft sowie die Testamentsvollstreckung auf den Zeitraum des Sozialleistungsbezugs zu beschränken. Dazu werden in der notariellen Praxis folgende Konzepte angewandt:
- Die durch den Wegfall der Hilfsbedürftigkeit auflösend bedingte Vorerbschaft bzw. die aufschiebend bedingte Vollerbschaft (sog. Bedingungslösung). Das damit verbundene Anwartschaftsrecht ist allerdings bereits zu Zeiten des Bezugs der Sozialleistungen überleitungsfähig, was gegen diese Lösung spricht.
- Die Eröffnung eines Anfechtungsrechts des Bedürftigen für den Fall des Wegfalls der Hilfsbedürftigkeit dadurch, dass das Motiv der Erbeinsetzung im Testament angegeben wird (sog. Anfechtungslösung). Gegen diesen Vorschlag wird allerdings mit Recht eingewandt, dass eine Testamentsauslegung wohl auch bei dieser Gestaltung zu einer aufschiebend bedingten Vollerbschaft gelangen, das erstrebte Ziel also verfehlt wird.
- Anordnung „nur“ einer „befreiten“ Vorerbschaft des Bedürftigen im Fall des Entfallens der Bedürftigkeit und Beendigung der Testamentsvollstreckung in diesem Fall.
Aufgrund der in allen drei Fällen bestehenden Gestaltungsschwierigkeiten sollte ein Bedürftigentestament immer von einem Notar beurkundet werden.