Geschiedenentestament

Der geschiedene Ehepartner hat kein Erbrecht. Und dennoch können nach einer Scheidung besondere erbrechtliche Gestaltungen erforderlich sein. Geschiedenen kann es in dieser Situation – gerade wenn noch minderjährige gemeinsame Kinder vorhanden sind – zum einen darum gehen, einen mittelbaren Vermögenszugriff des Ex-Partners zu vermeiden. Denn: Verstirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil (der Ex-Ehegatte) das alleinige Sorgerecht für die minderjährigen Kinder und somit auch das Recht zur Vermögenverwaltung über den von den minderjährigen Kindern ererbten Nachlass. Zum anderen kann es einem Geschiedenen darum gehen, zu verhindern, dass der Ex-Ehegatte als Erbe des gemeinsamen Kindes im Falle dessen Todes vor dem Ex-Ehegatten in den Genuss des vom gemeinsamen Kind zunächst ererbten Nachlasses kommt.

Beide ungewollte Situationen können durch ein sogenanntes Geschiedenentestament vermieden werden. Dabei gibt es zwei Gestaltungsmöglichkeiten, die helfen, die unerwünschte Teilhabe des anderen Elternteils am Nachlass des zuerst Versterbenden zu verhindern:

  1. Das gemeinsame Kind/die gemeinsamen Kinder wird/werden nur Vorerbe und als Nacherbe wird ein anderes Familienmitglied (möglichst ein Abkömmling des Kindes/der Kinder) eingesetzt. Da der Nachlass so zu Sondervermögen wird und durch die Verfügungsbeschränkungen, denen ein Vorerbe unterliegt, wird auf diese Weise sowohl der Zugriff des Ex-Ehegatten auf den Nachlass vermieden – erst Recht, wenn ergänzend noch Testamentsvollstreckung angeordnet wird. Zugleich steht mit dem Nacherben bereits ein Erbe fest, der anstelle des Ex-Ehegatten nach einem eventuellen Vorversterben des gemeinsamen Kindes in den Genuss des Nachlasses kommt. Um die unliebsamen Folgen einer Vorerbschaft nur solange aufrecht zu erhalten, wie dies unbedingt erforderlich ist, um den Ex-Ehegatten auszuschließen, wird die Vorerbschaft dabei meist angeordnet, dass die Vorerbschaft (und die evtl. angeordnete Testamentsvollstreckung) mit dem Tod des Ex-Ehegatten entfallen soll (auflösende Bedingung).
  2. Um die Verfügungs- und sonstigen Beschränkungen eines Vorerben zu vermeiden, wird ein VERMÄCHTNIS (Herausgabe- oder Universalvermächtnis) ausgesetzt, d.h.: Das Kind wird zwar Vollerbe und unterliegt insofern nicht den Beschränkungen eines Vorerben. Er kann insbesondere frei über die Erbschaftsgegenstände verfügen und sogar Schenkungen vornehmen. Die Erbschaft wird aber mit einem Herausgabevermächtnis belastet, welches im Fall des Todes des Kindes fällig wird und besagt, dass – wenn beim Tod des Kindes der Ex-Ehegatte noch lebt (Bedingung) – der noch beim Kind vorhandene Nachlass einem vom Erblasser bestimmten Dritten (nicht dem Ex-Ehegattren) – herauszugeben ist. Auch auf diesem Wege wird eine Begünstigung des Ex-Ehegatten nach dem gemeinsamen Kind ausgeschlossen. Dass der bei minderjährigen Kindern allein sorgeberechtigte Ex-Ehegatte als solcher die Verfügungsgewalt über den Nachlass erhält, kann auch in diesem Fall über die Anordnung der Testamentsvollstreckung ausgeschlossen werden.

 

Weiterhin kann der Erblasser für alles, was von ihm erbrechtlich an gemeinsame Kinder übergeht, das elterliche Vermögensverwaltungsrecht auszuschließen, § 1638 BGB. Dies bewirkt, dass dem Kind durch das Familiengericht ein Ergänzungspfleger beiseitegestellt wird. Der Erblasser hat dabei die Möglichkeit, den Pfleger selbst zu bestimmen.

Schließlich kommen auch Verwaltungsanordnungen gemäß § 1639 BGB in Betracht, deren Einhaltung jedoch nur schwer zu kontrollieren ist.

Aufgrund der Komplexität eines entsprechenden Geschiedenentestaments sollte im Zusammenhang mit der Erstellung stets die Hilfe eines Notars oder eines anderen juristischen Beistands bemüht werden



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